Rückblick: Staat und Patriarchat zerschlagen – Antifaschismus auf die Straße tragen!

03.10.2025: Vorgeschmack

Die letzten Jahre hat sich eine kleine Tradition extrem rechter Demos am 03.10. in Gera entwickelt. Entstanden aus den Anti-Corona-Montagsspaziergängen lockten das Ende der Maßnahmen in Verbindung mit diesem Feiertag 2022 knapp 10.000 Menschen an; ein krasses Zeichen der Normalisierung Rechtsextremer in der Stadtgesellschaft und des Schulterschlusses zwischen extremer Rechten, Schwurbler*innen und Reichsbürger*innen in Gera.

Von diesem Mobilisierungserfolg blieb schnell jedoch nicht viel übrig. Bereits 2024 war die Teilnehmendenzahl nicht wesentlich höher als bei den bis heute stattfindenden Montagsspaziergängen, wenn auch zum „harten Kern“ einige Familien mit Kleinkindern dazustießen.

Dennoch war der 03.10.2024 aus zwei Gründen bemerkenswert:

1. wurde der Gerschen Jugend von Christian Klar Banner und Megaphon überreicht. Die folgenden Wochen bis zum Jahreswechsel sollten die Hochphase dieser Gruppe bilden – nicht nur am 03.10., sondern auch danach bildeten sie den Frontblock, fielen durch rassistische Sprechchöre, dem Hören von Landser-Songs in der Fußgängerzone und einer Beteiligung am Bürgerwehr-Flop von Klar auf. In der Spitze zählte die Gruppe um die 50 Mitglieder*innen sehr unterschiedlicher Aktionsniveaus- und Grade ihrer politischen Festigung. Einige von ihnen weigern sich bis heute, die Gruppe als „rechts“ zu bezeichnen und sehen sie eher als Freundeskreis. So kritisch diese fehlende Reflektiertheit auch gesehen werden muss, zeigt sich hieran dennoch das Konfliktpotential der Gruppe, welche von ihren wechselnden Anführern sehr wohl als dezidiert politisch gedacht worden ist.

Lange konnte das nicht gut gehen: Anwesenheitspflichten bei bestimmten Vorhaben oder Demos konnten nicht durchgesetzt werden und die ideologische Schulung der Mitglieder*innen kam nicht voran. Gleichzeitig verließen bis dato tragende Verantwortliche die Gruppe; dazu kamen interne Konflikte und damit verbundene Ausschlüsse. Einige ehemalige Mitglieder sind deshalb bis heute nicht gut auf die GJ zu sprechen.

Ab Februar 2025 war die Gruppe inaktiv; auf den Social-Media-Accounts gab es erst ab Mitte September wieder einige wenige Storys. Scheinbar wollen Einzelne weiter an der Gruppe festhalten.

2. Anders als 2022 und 2023 gab es 2024 keine vorher angemeldete antifaschistische Demo an diesem Tag. 2022 landete diese am Bahnhof in einer Unterführung im Polizeikessel und wurde so daran gehindert, ein öffentlich wahrnehmbares Gegengewicht zu bilden. 2023 gab es in Folge der Repressionen rund um den 01.05. ein gesteigertes öffentliches Interesse und dadurch einen größeren und lautstarken Gegenprotest.

Letztes Jahr fanden sich dennoch spontan circa 90 Antifaschist*innen zu einem Protest zusammen; einige versuchten, eine Sitzblockade zu bilden. Diese wurde in chaotischen Szenen von der Straße geprügelt, während die Faschos mitten durch sie hindurch laufen durften. Lediglich deren Lauti musste umdrehen – nicht aber ohne die von Klar im Nachgang ausgesprochene Drohung, die Antifas das nächste Mal zu überfahren.

Die Konsequenz aus dieser längeren Vorgeschichte war klar: Dieses Jahr darf es keinen weiteren rechten Aufmarsch am 03.10. in Gera geben!

Wir meldeten also eine Demonstration auf genau der Route an, welche die Faschos sonst immer genutzt hatten – und waren dann doch etwas überrascht davon, dass dieser einfache Kniff schon Hürde genug für die Rechten war: Während im (Spät-)Sommer noch bei der „Bruderschaft C60“ (mittlerweile schon wieder aufgelöst) für eine Demo in Gera mobilisiert und von Klar ein großes Programm versprochen wurde, änderten sich diese Pläne still und heimlich, als Freie Sachsen und Freies Thüringen stattdessen nach Altenburg zu mobilisieren begannen. Die Heimat schloss sich dem prompt an und flüchtete so vor unserer Demo.

Parallel wurde klar, dass am ersten Oktoberwochenende einiges auf Thüringen zukommen sollte: AfD-“Familienfest“ in Erfurt, Reichsbürger*innen in Weimar, Querdenker*innen in Apolda, nochmal die AfD in Mödlareuth und eben Heimat/Freie Sachsen/ Freies Thüringen in Altenburg – außerdem solidarische Veranstaltungen in allen diesen Städten, dazu noch in Schmölln und eben uns in Gera.

Uns war somit bewusst, dass unsere recht groß geplante Demo deutlich kleiner ausfallen würde und zudem auch nicht zur geplanten Uhrzeit stattfinden konnte, weil sie sonst mit Altenburg kollidiert wäre.

Eine Absage stand dennoch nicht zur Debatte, schließlich hatten wir unser Ziel erreicht und wollten die Gelegenheit natürlich nicht verstreichen lassen, die Straßen in Gera an diesem Tag für uns allein zu haben. Wir entschieden uns deshalb für eine Vorverlegung um zwei Stunden und einer verkürzten Route.

In Anbetracht der Vielzahl paralleler Veranstaltungen und der für eine Demo an `nem Feiertag doch eher unfreundlichen Uhrzeit fand sich eine durchaus akzeptable Menge auf dem Hofwiesenparkplatz bei bestem frühherbstlichen Wetter ein. Hier schon einmal ein riesiger Dank an alle, die sich teils schon ab 8:30Uhr auf den Weg zu uns gemacht haben!

Kaum waren alle angekommen, mussten die Pläne jedoch abermals geändert werden: der Lauti stand im Stau und es war fraglich ob und wann er Gera erreichen würde. So wurde in Deli-Plena entschieden, selbstverständlich auch ohne Lauti zu laufen, eine Deadline festgelegt und noch eine Notlösung in Form eines Lautsprechers im Bollerwagen aufgetrieben. Mit diesem wurde dann auch die Auftaktkundgebung mit einem starken Redebeitrag von Fairy zu Kritik am Patriarchat bestritten.

Nach Verstreichen der Deadline – aus dem Stau hatte sich mittlerweile eine Vollsperrung entwickelt – setzte sich die Demo mit deutlicher Verspätung und nochmals verkürztem Programm, dafür aber mit einiger Energie in Bewegung.

Viel Resonanz von Passant*innen und Anwohnenden gab es allerdings nicht; bekanntlich sind die Bordsteine in Gera zwischen 18 und 13 Uhr hochgeklappt. Lediglich am Köstritzer-Hochhaus zeigten sich einige Menschen an den Fenstern; zur Feier des Tages flog diesmal sogar kein Böller in Richtung der Demo.

In der Heinrichstraße wurde eine stabile Kundgebung mit guten Redebeiträgen von BASC über die zunehmenden Repressionen unserer Bewegung sowie aus Erfurt zur Wehrpflicht und deren Verbindung mit dem patriarchalen Staat eingelegt, ehe es weiter in Richtung Hauptbahnhof ging.

Die Energie vom Anfang konnte danach nicht mehr erreicht werden – auch weil einige Personen mehr Interesse daran hatten, interne Konflikte in einer laufenden Demo auszutragen als sich an dieser zu beteiligen und so zumindest ein ganz gutes Beispiel selektiver Solidarität abgaben.

Am Hauptbahnhof angekommen ging es nach kurzer Abschlusskundgebung mit einem Redebeitrag zu rechten Strukturen in Gera, welche sich ja auch an der Demo in Altenburg beteiligten, in die extra aus Berlin angereisten Solibusse, um anschließend nach Altenburg zu fahren.

Vom Tag bleibt die Erinnerung an eine motivierte Demo, welche durch das Mengenverhältnis von Teilnehmenden zu Cops und dem fehlenden Lauti etwas in ihrem Auftreten limitiert war, aber das Beste aus der Situation gemacht hat. Wir haben uns die Straße genommen und eine klare antinationalistische Botschaft in die Stadt getragen, wir haben gezeigt, dass es eine Alternative zum kapitalistischen und patriarchalen System gibt und damit ganz nebenbei auch einen Faschoaufmarsch verhindert. Es gibt schlechtere Tage im Leben!

Wir möchten hier nochmals allen danken, die zum wiederholten Mal zu uns nach Gera gereist sind, die Redebeiträge geschrieben oder gehalten haben, die eine Funktion übernommen haben und außerdem den parlamentarischen Beobachter*innen sowie der insgesamt vier Stunden auf der A4 stehenden Lauticrew und den Genoss*innen von Solibus e.V., dank denen wir uns keinen Zug mit Faschos teilen mussten. Ihr alle habt gezeigt, was durch Solidarität alles möglich ist und dazu beigetragen: den Rechten keinen Meter – Staat und Patriarchat zerschlagen!