Rückblick: “Antifa ist notwendig”-Demo am 14.06.25 in Jena

Heute waren wir auf der “Antifa ist notwendig”-Demo in Jena. Ungefähr 6000 Antifaschist*innen aus dem ganzen Bundesgebiet füllten die Straßen der Stadt, um auf die zahlreichen Repressionsbestrebungen der Staatsorgane gegen die antifaschistische Bewegung aufmerksam zu machen und die Freilassung der im Budapest- und Antifa-Ost-Komplex inhaftierten Personen zu forden.

Die Polizei schien sich grob verschätzt zu haben, was die Zahl der Teilnehmenden angeht, wodurch der Demonstrationszug mehr oder minder freie Hand hatte, was den Schutz der eigenen Identität und die Verwendung von Pyro angeht. So ergab sich ein durchgängig starker, lauter und bunter Auftritt. Einzig die bayerischen Prügelbullen zogen immer wieder ihre Helme auf, nur um genauso oft wieder zurückgepfiffen zu werden. Später wurde noch getestet, wie gut die Robocop-Rüstung eigentlich gegen Böller und Fackeln schützt.

Auch wenn das zur allgemeinen Belustigung beigetragen hat, finden wir es trotzdem eine Unart, Böller und Raketen in Menschenmengen und Innenstädten zu zünden. Ihr könnt nie wissen, wen ihr damit gefährdet, (re)traumatisiert oder anderweitig schädigt. Auch Tiere nehmen nachweislich Schaden vom Geböllere – lasst es einfach endlich bleiben.

Eine genauso große Respektlosigkeit sind Gruppen, die sich partout an keinen Demokonsens halten wollen und die in jeder Demonstration eine Chance zu sehen scheinen, die eigene Agenda rücksichtslos nach vorne zu pushen. Nicht nur besteht die Gefahr, dass damit das eigentliche Anliegen verwässert wird, sondern wird damit auch sehr effektiv diejenige Spaltung der Szene betrieben, über die sonst immer so laut geweint wird.

Diese können wir gerade auch in Thüringen beobachten, wo beispielsweise lokale Strukturen zum Schutz von CSDs zu unterwandern versucht werden. Hier scheint es wichtiger, die eigene Propaganda durchziehen zu können, als CSDs effektiv zu schützen.

Aber zurück zur Demo: Die heißen Temperaturen machten allen zu schaffen, weshalb nicht nur die Anzahl der Zwischenkundgebungen, sondern auch die Route gekürzt wurde. Einem kraftvollen Ausdruck unserer Anliegen hat aber all das keinen Abbruch getan.

Bedanken möchten wir uns beim Ordni-Team, den Awareness-Menschen (auch wenn ihr leider etwas wenige wart), den Menschen vom EA, den parlamentarischen Beobachter*innen und allen anderen, die irgendeine Funktion zu erfüllen hatten für eine wundervolle und gut durchdachte Demo!

Die Redebeiträge waren alle stark, und besonders das Grußwort von Maja hat Kraft gegeben. In einem der Redebeiträge war auch der 1. Mai 2023 in Gera ein Thema, dessen repressive Folgen mit Hausdurchsuchungen, Strafbefehlen und Gerichtsprozessen sich bis heute zieht.

Bleibt nur noch festzuhalten:
Ein Staat, der unter anderem die Folter von Maja hinnimmt, gleichzeitig antifaschistische Selbstverteidigung kriminalisiert, wo er nur kann und (nicht) nur an den Außengrenzen die Menschenrechte mit Füßen tritt, während Faschos Anschlagspläne auf CSDs schmieden, zeigt, dass Antifaschismus dringend notwendig ist.

Kein Fuß breit dem Faschismus – Free all Antifa!

Rückblick auf den CSD Pößneck

am 07.06.2025

Dieses Jahr fand zum ersten Mal ein CSD in Pößneck statt. Ungefähr 300 Menschen gingen im tiefsten „Hinterland“ auf die Straße, um ihre Stimme für Sichtbarkeit und Gleichberechtigung zu erheben und ein starkes, mutiges Zeichen zu setzen in Zeiten zunehmender Bedrohung nicht nur von rechts(außen), sondern auch aus der sich selbst als „bürgerlich“ verstehenden „Mitte“. 

Schon vor dem offiziellen Start der Demonstration ließen sich erste offenkundige Faschos sehen; sie setzten sich entweder ein ganzes Stück weit weg oder fuhren zu den Klängen von L’amour toujours direkt am Markt vorbei. Mit zunehmender Dauer stieg auch die faschistische Präsenz; während der Auftaktkundgebung dürften es ungefähr 15-20 Personen gewesen sein, die den CSD beobachteten und offenkundig versuchten, ein Bedrohungsszenario aufzubauen. So liefen einige von ihnen gleich mit drei Hunden mehrmals an der Kundgebung vorbei, andere machten Fotos oder versuchten, mit Zwischenrufen zu stören. Die Gesinnung wurde dabei offen zur Schau gestellt: Auf T-Shirts standen beispielsweise Schriftzüge der „Division Thüringen“ oder prominent platzierte „Heimat“-Schriftzüge. 

Die Unruheherde während der Auftaktkundgebung. Später beobachteten sie die Abschlusskundgebung mit einem Fernglas.
Linkes Shirt: „Damals wie heute.“. Person rechts daneben mit „Division Thüringen“.
Heimat-Fraktion und deren Hundefreunde (rechts hinten)
„Linke Wähler behaupten ja, die AfD sei eine Nazipartei. Zur Erinnerung: Es waren die Linken, die 30 Jahre lang Menschen an der Mauer erschossen haben.“

Als der Demozug am Marktplatz loslief, wurde er direkt von mehreren Seiten abgefilmt; die „Heimat“-Fraktion dabei in unmittelbarer Nähe (natürlich griffen die Bullen hier nicht ein). Als solidarische Menschen sich als Puffer zwischen diesen Faschos und dem CSD positionierten und so das Filmen verhinderten, wurde kräftig, aber sehr hilflos wirkend, gepöbelt. Sich mit dem Rücken an einer Mauer und ansonsten eingekesselt von Antifaschist*innen vorzufinden war offenbar keine Situation, auf die sie sich eingestellt hatten. Nach einer kurz danach folgenden, erzwungenen Pause – gute Besserung an den zu Ehren Lothar Königs rauchenden Lauti! – verlief der nächste Abschnitt des Demozuges sehr ruhig, bis er schließlich an einem Haus in der Neustädter Straße vorbeikam.

Lothar König würde hier rauchen. Danke an alle, die den Lauti bis zur Endkundgebung geschoben haben!

Die dortigen Bewohner*innen waren offenbar wenig einverstanden mit unseren Anliegen und standen filmend und pöbelnd vor ihrer Haustür. Als auch sie abgeschirmt wurden, brach etwas Chaos aus, in dem nicht nur Schirme, sondern auch besagte Haustür zu Bruch gingen, ehe auch die Bullen mal auf der Bildfläche erschienen und die Faschos zurück in ihr Wohnhaus drängten. 

Diese Bewohner der Neustädter Straße waren nicht glücklich mit einem CSD in „ihrer“ Stadt
Gerade dieser junge Herr suchte die Konfrontation.
(Bildquelle: _antifaru_)

Bis auf diese Zwischenfälle blieb es insgesamt ruhig, auch weil die Faschos eher auf Distanz blieben und den CSD lieber aus Seitengassen heraus mit gebührendem Abstand beobachten. Dennoch waren sie ständig präsent. Positiv zu erwähnen ist allerdings, dass nicht wenige Bewohner*innen Pößnecks dem Demozug freundlich zuwinkten und sich über den bunten Fleck in einer sonst eher grauen (aber architektonisch schönen!) Stadt zu freuen schienen. Am Ort der Abschlusskundgebung angekommen empfingen uns wieder die Faschos der „Division Thüringen“, welche den CSD sicherlich eine Stunde lang aus größerer Distanz mit dem Fernglas (!) beobachteten. Auch die Bullen fielen hier nochmals negativ auf, indem sie eine Person wegen des mutmaßlichen Klebens eines Aufklebers in eine kurze Maßnahme nahmen (?!). 

Bedanken möchten wir uns bei den Organisator*innen vom CSD SOK für einen insgesamt gelungenen und bunten ersten CSD in Pößneck ebenso wie bei den vielen Menschen, die gezeigt haben, dass auch diese Stadt keine ‚verlorene‘ ist. Das Hinterland bleibt bunt! Dennoch möchten wir explizit kritisieren, dass die Veranstalter*innen proaktiv und ohne Aufforderung den Bullen alle Ausweise der Personen, die eine Funktion als Ordni erfüllen wollten, zur Prüfung gezeigt haben. Gerade weil die Polizei nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems ist und derzeit alles dafür tut, antifaschistischen Protest zu kriminalisieren, ist das absolut unakzeptabel und gefährlich für die betroffenen Personen. Sie können später namentlich in Haftung genommen werden für tatsächliches oder angebliches Fehlverhalten der Demoteilnehmenden. Außerdem fanden wir die Ausdrucksweise einer der moderierenden Personen des CSDs äußerst grenzwertig. Es wurden Teilnehmer*innen immer wieder als „Süße*r“ oder „Hübsche*r“ adressiert, was absolut nicht angemessen ist. Zusätzlich wurden bei den „Live-Interviews“ Teilnehmende immer wieder als „hübsche Damen“ oder dergleichen angesprochen, was unserer Meinung nach nicht, und erst recht nicht auf einem CSD, toleriert werden kann.

Darüber hinaus hat auch der gestrige Tag gezeigt, dass die Cops CSDs nicht effektiv schützen. Hier kommt es stattdessen auf antifaschistischen Selbstschutz an, der trotz einer recht kurzen Vorbereitungszeit gut funktioniert hat. Der CSD in Pößneck hat auch gezeigt, wie selbstverständlich und selbstbewusst Faschos mittlerweile versuchen, solche Veranstaltungen zu stören. Dass, über den ganzen Tag gerechnet, circa 30-40 Faschos im Umfeld der Demo agiert haben, obwohl es noch nicht einmal eine rechte Gegenmobilisierung gab und auch der CSD selbst nicht, im Vergleich zu anderen, besonders groß beworben wurde, gibt zu denken und zeigt, worauf wir uns in Thüringen in dieser CSD-Saison einstellen müssen. Es ist (leider) notwendig, CSDs eigenständig antifaschistisch zu schützen. Neben bewährten Praktiken wie abdrängen, abschirmen und konfrontieren hilft es aber auch, einfach anwesend zu sein und so dazu beizutragen, Schutz über Masse zu gewährleisten. In diesem Sinne: Kommt zahlreich zu den anderen CSDs in Thüringen! Pößneck hat gezeigt: Wir sind mehr! 

300 Personen auf dem ersten CSD in Pößneck sind ein starkes Signal.

CSD-Termine Thüringen: 

14.06. Dyke March Weimar 

21.06. CSD Jena 

12.07. CSD Nordhausen 

26.07. CSD Mühlhausen 

30.08. CSD Suhl 

06.09. CSD Erfurt 

13.09. CSD Eisenach 

14.09. CSD Ilmenau 

tba: CSD Gera, Apolda, Gotha und Sonneberg