Redebeiträge zur Demo „Mach frei am 1. Mai“ 2025

Foto: Jacob Schröter/dpa

Wir haben auf der von uns und anderen Gruppen organisierten Demo zum 1. Mai 2025 mit anschließendem Protest gegen einen Neonazi-Aufmarsch drei Redebeiträge gehalten, die wir hier veröffentlichen:

RB 1: Begrüßungsworte und zum Rechtsruck

Hallo, wir freuen uns sehr, dass ihr so zahlreich erschienen seid – und das das dritte Jahr in Folge!

Wir werden heute noch einige Redebeiträge hören; zur Geschichte des Arbeiter*innenkampftags, zu den vergangenen 1.Mai-Demos und zu den lokalen Faschos. Doch als erstes möchte ich im Namen der AAG ein paar allgemeine Worte an euch richten.

Rechtsradikale Parteien und Meinungen sind im Aufmarsch und finden großen Rückhalt in der Gesellschaft. Das hat nicht zuletzt die Bundestagswahl im Februar diesen Jahres gezeigt, bei der die AfD fast 21% und die CDU fast 26% der Erststimmen erzielt haben. In Ostdeutschland ist diese Zahl nochmal deutlich höher.

Überall ist diese Entwicklung zu sehen; Die USA sendet Migrant*innen ohne Vorstrafen nach El Salvador in den Knast. Großbritannien erklärt trans-Frauen zu „nicht-frauen“ im equality act. Und Lorenz wird in Oldenburg von einem Polizisten erschossen. In den Rücken. Das ist keine Notwehr, das ist ein rassistisch motivierter Mord.

Rechtsradikale Weltbilder sind längst wieder salonfähig geworden.

Wir sind heute hier, um dem entgegenzustehen. Wir wollen den Faschos, die heute durch Gera ziehen und ihren Gleichgesinnten überall eine klare Antwort geben: unseren erbitterten Widerstand. Wir waren am 1.Mai 2023 hier, wurden für Stunden gekesselt und haben unverhältnismäßige Repressionen zu spüren bekommen. Am 1.Mai 2024 standen wir trotzdem wieder auf der Straße und auch dieses Jahr stehen wir hier zusammen und gehen auf die Straße für ein besseres Leben für alle Menschen!

Erst Recht, wenn Christian Klar, unser stadteigener Fascho-Anführer und seine Kumpanen den Arbeiter*innen Kampftag für ihre rechtsextremen Zwecke instrumentalisieren und unter dem Deckmantel eines „Familienfests“ die Innenstadt einnehmen wollen. Die Faschos haben dieses Jahr bundesweit mobilisiert – und das erfolgreich.

„Thüringen wieder sicher machen“, das ist ein Slogan der AfD hier in Thüringen. Doch sicher vor wem?

Der Rechtsruck trifft die Menschen, die vom kapitalistischen System abgehängt werden. Die, die kaum Schutz von offizieller Seite erwarten können. Migrantische, arbeitslose, alleinerziehende, obdachlose, behinderte Menschen und FLINTA*-Personen. All diejenigen, die nicht ins Weltbild der Faschisten passen. Feindbilder, die wir aus der NS-Zeit kennen.

„Nazis sind doof“, das ist der Konsens von vielen Menschen. Doch praktische Solidarität suchen Betroffene in der Gesellschaft meist vergeblich.

Warum schaut der Großteil der Menschen bei rassistischen, sexistischen und so vielen anderen Übergriffen weg? Sie verschließen die Augen vor rechtem Terror.

In Gera dürfen die Faschos jeden Montag laufen. Mit Flaggen, Kleidung und Sprechchören, deren Symbolik nicht deutlicher sein könnte. Der Gegenprotest ist klein und die Polizei steht daneben und schützt die Faschisten.

Menschenfeindliche Haltungen machen sich überall im Alltag bemerkbar; im Freundeskreis, der Familie, der Uni oder auf Arbeit. Sie sind längst keine Seltenheit mehr, sondern in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen.

Deswegen danken wir euch, dass ihr alle hier seid, um mit uns ein Zeichen zu setzen!

Doch Demonstrieren reicht nicht nicht mehr, unsere Solidarität muss praktisch werden, wir müssen uns ihnen in den Weg stellen – egal wann, egal wo. Wir müssen uns unsere Räume zurückholen und uns gegenseitig unterstützen. In diesem System ist unser Zusammenhalt das einzige, was uns bleibt und Kraft gibt; gerade in kleinen Orten im Osten fühlt es sich manchmal an, als wäre jede Hoffnung verloren.

Lasst eure Mitmenschen nicht allein, unterstützt communities in euren Städten. Interveniert, wenn ihr Übergriffe bemerkt, steht den Menschen zur Seite. Zeigt, dass unsere Schulen, Unis, Betriebe, öffentliche Plätze und Viertel uns gehören. Wir dulden keine Nazis!

Diesen Kampf kann niemand von uns alleine führen; vernetzt euch, engagiert euch und unterstützt lokale Gruppen, bildet Banden; schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft.

RB 2: Zu Repressionen am 1. Mai 2023 in Gera und zur Polizeigewalt als Instrument der Herrschaftssicherung


Ganz kurz vorab: in diesem Redebeitrag wird es um Polizeigewalt gehen. Falls ihr euch das nicht anhören könnt, versucht euch abzulenken oder fragt die Awareness-Menschen nach Gehörschutz oder Support.

Die Anmeldung und Sharepics für die Demo dieses Jahr gingen erst ziemlich spät raus. Das lag daran, dass wir eigentlich gar nicht geplant hatten, eine 1. Mai-Demo in Gera zu organisieren. Nachdem wir die letzten zwei Jahre so erfolgreich nach Gera mobilisiert hatten, wollten wir eine andere Stadt unterstützen. Dann haben wir von den Faschos mitbekommen, die ihre Veranstaltung in Gera planten und immer mehr Menschen haben gefragt, was dieses Jahr am 1.Mai in Gera geht. Diese Unterstützung das dritte Jahr in Folge ist crazy und wir möchten euch allen danken, dass ihr es dieses Jahr wieder nach Gera geschafft habt!

Ich möchte im Folgenden aber noch einmal auf die vergangenen 1.Mai Demos blicken.
Am 1.Mai 2023 hatten wir eine Demo unter dem Motto „Kämpfe verbinden, Kapitalismus überwinden“ angemeldet. Unsere Anmeldung ging rechtzeitig raus, die Absprachen waren mit der Versammlungsbehörde klar getroffen wurden. Trotzdem verlief der Tag alles andere als geplant und vereinbart.
Der komplette Verlauf der Demo war eine pure Machtdemonstration der Behörden, die mit zahlreichen Repressionen einherging. Diese Machtdemonstration galt letztendlich der Kriminalisierung des Antifaschismus und dem Verstärken des Narratives der gewaltbereiten, gefährlichen Antifa. Dass sich dieses Narrativ auch am 1.Mai 2023 durchsetzen konnte, sahen wir an den Medienberichten, die im Nachhinein veröffentlicht wurden.

Was sich die Bullen an diesem 1. Mai 2023 alles geleistet haben, ist allen bewusst, die diesen Tag erlebt haben und die Nachfolgende Soliarbeit verfolgt haben. Abgesehen von krassen Schlagstock- und Pfeffersprayeinsatz welche teils schwere Verletzungen nach sich zogen, schikanierten uns die Bullen, wo sie nur konnten. Alle im Kooperationsgespräch und mit den Anmelder*innen am Tag selber getroffenen Verienbarungen wurden von Seiten der Bullen immer wieder umgeworfen, gebrochen oder sie wussten plötzlich von nix mehr. Der Gipfel für viele Teilnehmer*innen war sicherlich das Abfilmen der Bullen einer improvisierten Toilette im Kessel.

Trotz all der Scheiße, die passiert ist, sind wir unglaublich stolz auf jeden einzelnen Menschen, der vor Ort war; trotz aller Repressionen war die Demo kraftvoll und solidarisch und wir haben bewiesen, wie Zusammenhalt funktioniert.
Doch dass es bei Polizei und Staatsanwaltschaft einen ausgeprägten politischen Verfolgungseifer gegen Linke gibt, zeigte sich dann anschließend am 8. November 2023, als es zu 20 Hausdurchsuchungen im gesamten Bundesgebiet kam. Wieder wurde rabiat und komplett übertrieben zu Werke gegangen und viele Menschen traumatisiert. Auch hier liegt die Vermutung nahe, dass der Zweck vorrangig genau darin lag und es nicht darum ging, weitere Informationen für die vorangetriebenen Ermittlungsverfahren zu sammeln.
Und trotzdem waren wir 2024 genauso kämpferisch mit einer starken Demo am Start!

Auch fast zwei Jahre später wirken die Repressionen im Zusammenhang mit der von uns organisierten Demonstration zum 1. Mai 2023 weiter nach.
In den letzten Monaten finden Genoss*innen nun vermehrt Post mit den verschiedensten Vorwürfen im Briefkasten: von Uniformierung und Vermummung bis zu (schwerem) Landfriedensbruch und Widerstand; auch in den unterschiedlichsten Kombinationen. Eine Logik ist dabei selten zu erkennen, es wirkt fast so als würden bei der Staatsanwaltschaft Gera zum Mittagessen Paragraphen gewürfelt.
Das Ziel des Vorgehens ist dennoch eindeutig: es sollen unbedingt gegen alle 251 Personen, die schon im Kessel schikaniert und in der Folge erkennungsdienstlich behandelt wurden, strafrechtliche Verfahren geführt werden.
So sollen wir verängstigt, verunsichert und vereinzelt werden: in der Hoffnung, so verhindern zu können, dass wir auch in Zukunft auf Demos gehen und uns überhaupt antifaschistisch, feministisch usw. organisieren und engagieren.

Fakt ist: Antifaschismus wird weiterhin auf jegliche Art und Weise vom Staat kriminalisiert und er schreckt auch nicht davor zurück, uns gewaltvoll zum Schweigen zu bringen. Weiterhin wird den bestätigt Rechtsextremen in Gera jede Tür offen gehalten und alles durchgehen gelassen. Sie dürfen unwidersprochen ihr von Hass und Hetze geprägtes Gedankengut verbreiten; rechte Streamer werden in unseren Versammlungsbereich gelassen, die Bullen zucken mit den Schultern und berufen sich auf Recht und Gesetz, welches wohl nur für Menschen mit nationalistischer und menschenfeindlicher Gesinnung zu gelten scheint.

Ohne die Bullen als rechte Hand des Staates wäre nicht möglich das kapitalistischen System aufrecht zu erhalten. Für sie ist Gewalt gegen Andersdenkende Berufsalltag.
Die staaliche Repression hat System: die Ordnungsbehörden schränken Demonstrationen im Vorfeld ein und Bullen schikanieren oft bereits die Anreise von Demonstrant*innen mit Personenkontrollen. Hier ist mal schnell schon das reine Mitführen einen Schlauchschals Grund für ein Ordnungswidrigkeitsverfahren. Auf Demonstrationen provozieren Bullen immer wieder die Eskalation, sei es durch Zivis, welche Demonstrant*innen zu Straftaten anstiften sollen, oder das plötzliche Erteilen von Auflagen, welche situationsbedingt schlicht nicht erfüllt werden können.

Auch in Zusammenhang mit dem Arbeiter*innenkamftag hat Bullengewalt eine lange Geschichte.
Schon 1886 kam es in Chicago zu gewaltvollen Ausschreitungen seitens der Bullen. Damals demonstrierten ca. 80.000 Menschen zum traditionellen “Moving-Day” für die Aufnahme des 8-Stunden Tages in die Verträge. Zwei Tage später griff die Polizei plötzlich einen Streikposten an und tötete mehrere Demonstrant*innen.
Schon damals zeigte sich also, dass die Staatsgewalt in Ausnahmesituationen kläglich versagt und nicht zögert, wahllos Menschen zu ermorden.

Auch zur Zeit des Nationalsozialismus hatte die Polizei eine zentrale Rolle zur Durchsetzung der faschistischen Ideologie. Faschismus heißt Polizeistaat. Durch freie Hand seitens fehlender Rechtsstaatlichkeit und unter dem Propaganda-Speech des “Freund und Helfers” hat der Polizeiapperat Menschen unterdrückt, verschleppt, gefoltert und ermordet. Soviel also zu Freund und Helfer – geholfen wurde hier nur den Faschisten beim Auslöschen von Existenzen.

Auch in der DDR hatte die Exekutive in Form von Volkspolizei, Stasi usw. hauptsächlich die Rolle des Sicherheitsapperates zum Erhalt der Machtverhältnisse. Politische Opposition jeglicher Richtung wurde unterdrückt; wer sich auch nur gegen das Regime äußerte, erfuhr massive Repression, von Totalüberwachung über Verlust des Arbeitsplatzes bis hin zu Knast und Verschleppung der eigenen Kinder. Besonders zur Wendezeit gab es einen massiven Anstieg der Polizeigewalt gegen Zivilist*innen ,welche sich an Protesten zur Wiedervereinigung beteiligten.

In den 90ern, auch Baseballschlägerjahre, in welchen rechtsextreme Gewalt durch die Decke schoss, wurde wieder einmal sichtbar, wie Bullen im Kampf gegen Rechtsextremismus kläglich scheitern oder diesen einfach ignorieren. Lieber prügelten die Cops auf Antifaschist*innen ein und belasteten sie mit 129er Verfahren. Derweil konnten die rechten Schlägertups ungehindert auf Marginalisierte los gehen.
Paradebeispiel hierfür ist der Angriff auf eine Aufnahmestelle für Asylbewerber*innen in Rostock Lichtenhagen 1992.

Springen wir nun aber in die 2020er.
Nach der Urteilsverkündung am 3. Juni 2023 im Antifa-Ost-Prozess waren in Leipzig für den Tag X mehrere Demonstrationen angemeldet. Bereits die erste Antifa-Demo am Freitag Abend wurde verboten.
Die darauf folgende angemeldete Demonstration wurde nach kurzer Zeit von den Bullen gestoppt. Unter dem Vorwurf der Vermummung kesselten die Bullen ca. 1.300 Menschen, unter ihnen eine große Zahl minderjähriger.
Die darauf folgenden ID-Feststellungen der Demonstrant*innen dauerte bis zu 11 Stunden. Es kam während der Zeit aber nicht nur zu physischer Gewalt sondern auch zu anhaltendem Psychoterror.
Die Bullen fotografierten jede einzelne Person, würfelten Straftatbestände aus und zogen Handys ein. Einige, besonders minderjährige Demoteilnehmer*innen berichteten, dass ihnen sogar in die Unterhose geschaut wurde.
Der Vorwurd des Stafbestandes “schwerer Landfriedensbruch” entpuppte sich als fehlerhafte Ferndiagnose des Polizeiführers.

Ein weiteres Paradebeispiel aus jünster Vergangenheit ist der Gegenprotest am 11. Januar in Riesa. Ein Demozug blockierte eine für die Bullen relevante Kreuzung. Personen in den ersten Reihen wurden immer wieder Opfer aggressiver Attacken. Es wurde mit Stiefeln auf sitzende Personen eingetreten, teils waren diese Tritte auf Kopfhöhe.
Dann kam der erste Aufruf der Bullen, die Kreuzung zu verlassen. Doch dies war aufgrund der Menschenmenge und Bullenketten schlichtweg unmöglich. Auch dem zweiten und dritten Aufruf, welche in Zeitabständen weniger Minuten folgten, konnte unmöglich nachgekommen werden.
Kurz nach der dritten Durchsage fingen die Bullen nun an, die Versammlung gewaltvoll aufzulösen. Mehrere Reihen gepanzerter Bullen versuchten die Demonstrierenden in Richtung Bahnhof zu treiben. Aufgrund der Menschenmenge war ein Vorankommen kaum moglich.
Die hinteren Reihen Demonstrant*innen waren massiver Gewalt in Form von Tritten und Schlägen ausgesetzt. Die Bullen schoben so stark, dass einige Demonstrant*innen kaum Luft bekamen. Hilfeschreie wurden ignoriert.
In den Gesichtern der Bullen war die pure Befriedigung zu erkennen, ungehindert auf Meschen losgehen zu können.
Von Menschlichkeit keine Spur.

Doch Bullengewalt gibt es nicht nur bei großen Demonstrationen und trifft nicht bloß Linke.
Es gibt wohl kaum eine marginalisierte Gruppe, welche nicht mit der Angst vor Gewalt – ausgehend von Cops – lebt.
Ob Schwarze, Menschen mit Migrationshintergrund, queere Personen, Flintas* oder Obdachlose:
Wer nicht weiß und männlich ist, wird eher zum Opfer polizeilicher Gewalt im Alltag.

Vor 20 Jhren wurde Oury Jalloh von der Dessauer Polizei ermordet. In einer Zelle auf einer Matratze an Armen und Beinen gefesselt, wurde Oury Jalloh verbrannt. Laut Polizei soll er sich selbst angezündet haben. Dies konnte aber sicher wiederlegt werden. Wie soll sich eine an allen Gliedmaßen gefesselte Person auch selbst anzünden?!
Auf der selben Polizeiwache starben in der vorherigen Jahren schon einmal zwei Gefangene. Auch diese Todesfälle sind, wie zu erwarten, bis heute Ungeklärt!

Im Januar diesen Jahres kam es in einer Berliner Bahn zu gewaltvollen Handlungen der Bullen gegen eine im Rollstuhl sitzende Person.
Nachdem der Kontrolleur die Polizei rief, da der Waggon wohl “nicht für Rollstühle geeignet sei”, schoben die Cops den leeren Rollstuhl aus der Bahn. Danach fingen sie an, grundlos auf die hilflose Person los zu gehen. Zu dritt schlugen die auf Kopf und Oberkörper ein und zerrten die Person dabei immer wieder hin und her.

Erst letzte Woche erschütterte uns ein weiterer grausamer Mord, verübt von Bullen. Es kam in Oldenburg vor einem Club zu Auseinandersetzungen. Daraufhin flüchtete er. Kurze Zeit später stellte ihn eine Streife – und tötete den 21-jährigen Lorenz.
Warum? – Die Bullen schreiben ohne jegliche Beweise, Lorenz habe sie mit einem Messer attackiert.
Diese Behauptung steht jedoch entgegen aller Aussagen. Diese bestätigen, Lorenz habe sich von der Polizei abgewandt, als die tödlichen Schüsse fielen. Alle Schüsse trafen ihn von hinten, einer davon in den Kopf.
Inzwischen ist sicher: er hatte kein Messer bei sich! Von Notwehr seitens der Bullen kann also nicht die Rede sein.
Lorenz war Schwarz, er ist ein weiteres Opfer des Rassimus des deutschen Polizeiapparats und der deutschen Gesellschaft.

Die massiv zunehmende Polizeigewalt ist ein Ausdruck des Rechtsrucks und der Militarisierung des deutschen Staates.
Staaliche Repression gab es schon immer, wo linker Protest gegen die bestehende Herrschaft und Gewaltverhältnisse stattfand.
Bullengewalt hat System:
Ob in den Baseballschlägerjahren, beim G20-Gipfel, am 1.5.23 hier in Gera, am Tag-X in Leipzig oder diesen Januar in Riesa.
Es ist ein immer wieder kehrendes Bild: linke Aktivist*innen erleiden enorme Repression, während Faschos ungehindert durch die Straßen ziehen, marginalisierte Menschen bedrohen, angreifen und sogar töten können.
Und Bullen brauchen keinen konkreten Anlass, um gewalttätig zu werden. Dies beweisen uns die unzähligen Fälle rassistischer und sexualisierter Gewalt.
Ob Oury Jalloh oder Lorenz: das sind keine Einzelfälle!
Das sind Morde!
Ob in den USA, Ungarn oder Deutschland – Bullen schützen nicht uns – sie schützen den Staat, sie schützen die Herrschende Klasse und die Eigentumsverhältnisse.
Unser Kampf geht weiter – Gründe gibt es mehr als je zuvor! Keins bleibt alleine! Solidarität ist unsere Waffe!
Danke, dass ihr heute hier seid!

RB 3: Zu faschistischen Strukturen in Gera

Ein wichtiger Grund, warum wir heute auf der Straße sind, ist auch die Tatsache, dass der Geraer Neonazi Christian Klar in den letzten Wochen versucht hat, tausende Rechtsextremisten in unsere Stadt zu moblilisieren. Diese werden bald gegenüber von uns auf dem KuK-Vorplatz einlaufen.
Deshalb wollen wir an dieser Stelle auch einige Worte zu den Faschos in und um Gera und den Umgang der Stadtgesellschaft damit sagen.

Lasst uns damit beginnen, was bei den Faschos für heute auf dem Plan steht:
Aufgerufen hat die creme de la creme der sich in Tradition des NS sehenden Rechtsextremisten; die als Parteien getarnten Neonazi-Kader Die Heimat und Freie Sachsen.
Begrüßt wurde von Christian Klar und Andre Poggenburg, der vor einigen Jahren als damaliger Landeschef von Sachsen-Anhalt selbst der AfD zu rechtsextrem war. Jetzt gibt er sich, von seinem Rittergut aus, als Mann der kleinen Leute und arbeitet eng mit dem Compact-Magazin zusammen.
Sprechen werden außerdem zwei – von Klar bestimmt mit gewissen Hintergedanken als Doppel-S bezeichnete – Heimat-Kader: zum einen der Heimat-Vorsitzende und langjährige Chefredakteur der Parteizeitung “Deutsche Stimme” Peter Schreiber aus Riesa, zum anderen Max Schreiber aus Haidenau bzw. Dresden, der gleich eine ganze Horde an Jungfaschos mitgebracht hat.
Beide machen aus ihrer menschenfeindlichen Gesinnung keinen Hehl, agitieren permanent rassistisch und sind natürlich beim alljährlichen Nazi-Aufmarsch in Dresden an vorderster Front mit dabei.
Das Rahmenprogramm dazu bildet rechtsextremes Liedgut, u.a. vorgetragen von den einschlägig bekannten Faschos Frank Rennike und Philipp Neumann.
Beworben wird dieser Aufmarsch von Rechsextremisten aber als “Familienfest”, was gut in die neuerdings von Klar verfolgte Strategie des gemäßigt-bürgerlichen Auftretens in der Öffentlichkeit passt.
Nach Abschluss des offiziellen Teils wird dann wahrscheinlich noch im vertrauten Kreis bei Christian Klar zu Hause abgehitlert, wo seit einigen Monaten auch das Büro der Heimat Ostthüringen ist.

Lasst uns also nun etwas genauer auf Christian Klar schauen:
Dieser ist ein schon seit Jahrzehnten umtriebiger Rechtsextremist mit kameradschaftlichen Verbindungen im gesamten Bundesgebiet, der nicht erst negativ auffiel, seit er in den letzten Jahren als Anmelder der Geraer Montagsdemos in Erscheinung trat. Schon in den 90-er Jahren radikalisierte sich Klar im Umfeld des sogenannten „Thüringer Heimatschutz“, der rechtsextremen Vereinigung, aus welcher das NSU-Kerntrio hervorging. Auch zu weiteren NSU-Unterstützern knüpfte Klar schon damals Kontakte.
Gleichzeitig stellte Christian Klar selbst in diesem Zeitraum mehrfach seine Gefährlichkeit unter Beweis, was u.a. durch strafrechtliche Verurteilungen für Körperverletzung und Volksverhetzung belegt ist. Der zutiefst rassistischen und antisemitschen Ideologie des „Thüringer Heimatschutz“ fühlt sich Klar auch heute noch verbunden, auch wenn er es mittlerweile besser schafft, diese zu verschleiern, sollte dies für die Erreichung seiner Ziele erfolgsversprechender sein (wie beispielsweise heute).
Während staatliche Behörden beim NSU bekanntlich fundamental versagten, geriet Klar zumindest für einen Bruchteil seiner Aktivitäten in den 00er Jahren mit dem Rechtsstaat in Konflikt, was in mehreren Knastaufenthalten endete.
Sein Comeback feierte er dann während der Corona-Pandemie, die er wie so viele Faschos dazu nutzte, um breitere Bevölkerungsschichten für den Rechtsextremismus zu begeistern. Verbindendes Element waren hier einmal mehr antisemitische Verschwörungserzählungen; sehr schnell setzte sich aber auch öffentlich ein flächendeckend menschenfeindliches Weltbild durch, in dem Rassismus und Queerfeindlichkeit besonders „beliebt“ zu sein scheinen.
Über das Scharnier „Miteinanderstadt Gera“ mischte sich Klar in der Folge zunehmend auch in Lokal- und Parteipolitik ein. Seine Mitgliedschaft in der AfD war jedoch nur von kurzer Dauer und endete nach den Veröffentlichungen einer Antifa-Recherche über Klars Werdegang. Parteipolitisch ist Klar mittlerweile wieder für Die Heimat“/ ex-NPD tätig und sitzt seit einigen Monaten auch (erneut) in deren Bundesvorstand.
Gute Kontakte pflegt Klar auch zu dem Faschisten Björn Höcke, dem er zuletzt im Januar 2024 in Gera hofierte. Auch andere bekannte Persönlichkeiten tauchen auf Klars Einladung gerne hier vor Ort auf, zum Beispiel Martin Sellner und weitere Führungspersonen aus dem Umfeld der Identitären Bewegung, sowie u.a. Jürgen Elsässer und Paul Klemm, als Gera Ort einer Ersatzveranstaltung des “Compact- Sommerfests” war, das andernorts verboten wurde.
Freunschaftlich verbunden war Klar auch der notorischen Holocaust-Leugnerin Haverbeck-Wetzel. Nach ihrem Tod vor einigen Monaten schrieb er: „Liebe Ursula, wir sehen uns in Wallhalla wieder und solang wirst du unvergessen bleiben!“

In diesem Umfeld entwickelte sich in den letzten Jahren auch eine rechte Jugendstruktur. Diese “Gersche Jugend”, kurz GJ, vernetzt sich rege mit anderen rechten Organisationen, wobei sie sich dabei immer wieder durch Streitigkeiten selbst ausbremst.
Vor einem knappen halben Jahr gab es mehrere Treffen mit der mitlerweile aufgelösten “Jungen Alternative Thüringen” – in letzter Zeit gibt es vermehrt Zusammenarbeit mit anderen Jungfaschos wie u.a. “Chemnitz Revolte” und verschiedenen JN-Ablegern (der Jugendorganisation der Heimat), die heute auch zahlreich anwesend sind.
Ein Anbiedern von einigen GJ-Anführern an Faschos in Berlin scheiterte hingegen kläglich, einerseits durch antifaschistische Intervention, andererseits dadurch, dass der Anmelder der Berlin-Ausflüge, Ferhat Sentürk, mittlerweile von seinen alten Fascho-Fans gecancelt wurde.
In Gera wurde die GJ durch Christian Klar und den rechten Unternehmer Peter Schmidt stark gefördert, einerseits durch die Finanzierung von Stickern, Bannern und Megafonen, andererseits durch die Einbindung in Heimat-Strukturen.
Scheinbar funktioniert hat das u.a. bei Etienne Klupp. Bereits seit 2018 als Jugendlicher auf regionalen NPD- und geschichtsrevisionistischen Gedenkkundegebungen aktiv, folgten schnell wichtige überregionale Faschotermine wie der “Trauermarsch” in Dresden.
In seiner Freizeit ist Etienne als Möchtegern-Schauspieler im Reenactment-Bereich unterwegs. Auf seinem Facebook-Profil setzt er sich als Vorzeigearier in Wehrmachtsuniform in Szene. Angeblich alles unpolitisch…
Mittlerweile ist er Anführer im Thüringer JN-Ableger und stolziert montags mit “Heimat” Fahne der Fascho-Demo voraus.

Die GJ selbst bildet montags einen eigenen Block, von dem aus „Remigrations“-Sprechchöre angestimmt werden; die anderen “Spaziergänger*innen” grölen dann munter mit.
Nach dem Absingen aller drei Strophen der Nationalhymne folgen gerne Lieder der Fascho-Bands Landser oder Böhse Onkelz. Auch an anderen Tagen als Montag wird die Geraer Innenstadt durch Jungfaschos Schauplatz rassistischer Musik und Parolen, wenn sie mit Bluetooth-Box durch die Straßen ziehen oder unsere Genoss*innen in Kneipen anpöbeln.

Die Dynamik dieser sich immer weiter radikalisierenden rechtsextremen Jugendbewegung nutzte Christian Klar, um eine von ihm angeführte “Bürgerwehr” ins Leben zu rufen. Stolz verkündete er Mitte Oktober erstmals “erfolgreich”, mit Baseballschlägern bewaffnet und von Hunden begleitet, durch die Geraer Innenstadt patroulliert zu sein.
Sollten dieser Bürgerwehr Vorfälle gemeldet werden, werde sich dann ja herausstellen, ob die Cops oder die organisierten Faschos selbst schneller am Ort des Geschehens seien. Ziel dieser Bedrohungen der Faschos waren und sind vor allem von ihnen als migrantisch gelesene Personen.
Vorwände für diese Selbstermächtigung sind schnell gefunden und passen ins rechtsextreme Weltbild.
Es war definit eine weitere krasse Eskalation, auf die von staatlicher Seite mal wieder keine Reaktion folgte.
Dies passt ins Kalkül der Faschos, nach dem sich im Umfeld rechter Hegemonie ein von gewaltbereiten Rechtsextremen getragenes Klima der Angst verbreiten soll, das zum Ziel hat, politischen Gegner*innen den Raum zur Selbstentfaltung und zum Leben zu nehmen. Die Spitze des Eisbergs ist also bei Weitem noch nicht erreicht. Gerade gewaltbereite Jungfaschos wie die Gersche Jugend werden sich in den nächsten Jahren ohne antifaschistische Intervention noch weiter radikalisieren.
Klar verglich „seine“ GJ bereits mit der Dresdner „Elblandrevolte“, die im vergangenen Jahr mehrmals politische Gegner*innen angriff und (schwer) verletzte.

Die Faschoveranstaltung heute ist für Gera also leider bei Weitem kein Einzelfall. Vergleichbare Events in ähnlicher Größenordnung gab es leider schon so einige. Außerdem ziehen die Faschos seit Jahren immer montags in niedriger dreistelliger Anzahl als “Spaziergang” durch Geras Straßen.
Während sie anfangs ohne Anmeldung und ohne Eingriffe der Cops laufen durften, wird die Veranstaltung mittlerweile, nach antifaschistischer Intervention im letzten Jahr, von Christian Klar angemeldet.
Regelmäßig nehmen dabei auch überregional bekannte Faschos teil, beispielsweise der Reichsbürger Frank Haußner, Neonazi Thorsten Heise oder auch Hans-Peter Berger, früher SED, heute AfD und Nachtwölfe.

Eine Reaktion der Stadt darauf ist quasi nicht existent.
Sich immer fester etablierender Rechtsextremismus und rechte Gewalt werden nach wie vor verharmlost oder ganz totgeschwiegen.
Stadt und Cops verstehen das entweder nicht oder wollen diese Tatsache und die mit diesem Eingeständnis notwendig werdenden Maßnahmen nicht anerkennen.
Als sich Bürgermeister Dannenberg im vergangenen Oktober erstmals verhalten kritisch zu den wöchentlichen, rassistischen Montagsspaziergängen äußerte, sprach er von einem Imageschaden für die Stadt Gera. „Die Heimat von knapp 100.000 Menschen“ werde „als Lebens- und Wirtschaftsstandort nachhaltig geschwächt.“
Auf die tatsächliche und täglich für viele Menschen reelle Gefahr von Rechtsextremismus und rechtsextremer Gewalt, besonders für von Faschos als Feinde markierte Personen wie migrantisch gelesene, queere Menschen usw. ging der OB nicht ein.
Auch auf den heutigen rechtsextremen Aufmarsch gab es von Politik und Stadtgesellschaft natürlich (quasi) keine Reaktion.
Das übernehmen dafür mal wieder wir.

Deshalb ist es so stark, dass ihr heute alle da seid und dass wir auch in Zeiten spürbar zunehmender rechter Hegemonie ein deutliches Zeichen setzen.
Wir stellen uns in unserer Vielfalt dem, was die Faschos zu erreichen versuchen (die Errichtung einer rechtsextremen Diktatur) entschlossen entgegen.
Denn der Antifaschismus ist noch lange nicht am Ende.
Wir waren, wir sind und wir werden da sein – egal, wie sich die Situation in den nächsten Jahren entwickelt!

Lasst uns gleich laut sein, wenn die Faschos uns gegenüber stehen, und ihnen zeigen, dass wir viele sind und Seite an Seite gegen den Faschismus stehen.

Alerta!

Redebeitrag zur antifaschistischen Kundgebung „Gera nazifrei gestalten“ am 16.12.2024

Herzlich willkommen zur antifaschistischen Kundgebung „Gera nazifrei gestalten“. Vielen Dank an alle solidarischen Anreisen und lokalen antifaschistischen Menschen die hier sind.

Noch immer zieht jeden Montag der Faschoaufmarsch durch die Innenstadt Geras. Während sie anfangs ohne Anmeldung und ohne Eingriffe der Polizei laufen durften, meldet die Veranstaltung nun seit einigen Wochen ihr faschistischer Anführer Christian Klar nach antifaschistischer Intervention am 21.10.24 an. Hunderte Menschen beteiligen sich jede Woche aufs Neue an den Nazi-Demos mit eindeutiger Symbolik wie Reichsflaggen, teilweise mit eisernen Kreuzen, Fahnen von Aufbruch Gera, Russlandflaggen und nicht zuletzt Flaggen der Partei „die Heimat“. Dies ist kein Wunder, denn der Anmelder ist neuerdings im Bundesvorstand selbiger Partei aktiv.

Ihre menschenfeindliche Gesinnung verstecken sie nicht – sie geben sich zu erkennen durch einschlägige Modelabels und rechten Tättoowierungen mit teils verbotenen Zeichen und Symbolen. Auch die Gesichter der Teilnehmer*innen sind nicht unbekannt. Regelmäßig nehmen langjährige auch überregional bekannte Faschos wie Beatrice Koschmieder und Michael Hesse Teil und zeigen offen ihre Unterstützung. Zwei Redner sind zusätzlich Peter Schreiber und Thorsten Heise: Parteikollegen Christian Klars in der Partei „die Heimat“ – der umbenannten ex-NPD – die als rechtsextrem eingestuft ist und deren Ziele unverkenntliche Überschneidungen mit denen der Nationalsozialisten aufweisen.

Die Inhalte der Redebeiträge sind immer ähnlich; voll von rechter Hetze, Ideologie und Menschenfeindlichkeit. Unverholener Antisemitismus und Rassismus stehen auf der Tagesordnung, sowie Verschwörungstheorien und Lügen. So trug Martina Wolf beispielsweise am 25.11.24, knapp eine Woche nach dem Tod der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck ein Gedicht der selbigen vor; im gleichen Atemzug wurde um sie mit einer Schweigeminute getrauert.

Diesem Müll geben rechte Streamer wie Weichreite oder TV.Ostthüringen unter dem Deckmantel der „freien Berichterstattung“ meist ohne Presseausweise jeden Montag aufs Neue Aufmerksamkeit und Übertragen den Faschoaufmarsch sowie den Gegenprotest live. Dabei schrecken sie weder vor dem Überschreiten polizeilicher Auflagen noch vor dem „anpoebeln“ teils Minderjähriger antifaschistischer Demo Teilnehmer*innen zurück.

Dass rechte Gesinnung nach wie vor auch bei jungen Menschen Mode ist, zeigt sich in Gera besonders seit dem Sommer diesen Jahres. Eine rechte Jugendkultur, wie an vielen anderen Orten im Osten, ist auch in Gera nicht von der Hand zu weisen. Mit der „Gerschen Jugend“, kurz GJ, wurde eine faschistische Kameradschaft ins Leben gerufen. Die Gruppe, die sich selbst auf Instagram als „jung, frech, rechts“ betitelt, vernetzt sich mit anderen rechten Organisationen, so z.b. bei einem gemeinsamen Bowlingabend mit der Jungen Alternative Thüringen in Weida.

Mit Hilfe der Unterstützung durch Christian Klars und Peter Schmidts „Miteinanderstadt Gera“ finanzieren sie Sticker, Banner, und Megafone und bilden einen großen Teil des Jugendblocks, der Nazi Parolen rufend vor den Montagsaufmärschen läuft. Für eine kurze Zeit war es still um diesen Block, seine Hoch-Zeit schien für vier Wochen vorbei und in Livestreams war von „internen Problemen“ die Rede. Nun sind sie jedoch mit reduzierter Anhängerschaft zurück unter der Führung der drei selbst ernannten Nationalsozialisten Pascal Chmielewski, Etienne Klupp und Eric Vogelgesang. Drei Jugendliche, die zum altbekannten Nazikader Geras gehören.

Pascal Chmielewski, ehemaliger „Aktivist“ der extrem rechten Kleinstpartei „Neue Stärke“, die mittlerweile in Thüringen aufgelöst ist, bezeichnete sich selbst im Livestream des YouTubers Weichreite als Nationaler Sozialist. Im bürgerlichen Leben arbeitet Pascal als Security und bewacht unter anderem hier den Geraer Weihnachtsmarkt. Seit 2021 taucht Pascal Chmielewski auf den unterschiedlichsten Veranstaltungen der extremen Rechten in Thüringen auf.

Etienne Klupp ist bereits seit 2018 als Jugendlicher auf regionalen NPD- und geschichtsrevisionistischen Gedenkkundegebungen aktiv. Weitere wichtige überregionale Faschotermine wie der Trauermarsch in Dresden folgten. Stets ist er hierbei in Begleitung von bekannten, älteren Nazikadern wie zum Beispiel die „dritte Weg“ Aktivistin Beatrice Fischer. In seiner Freizeit ist Etienne als Möchtegern Schauspieler im Reenactment-Bereich unterwegs. Auf seinem Insta-Profil setzt er sich als Vorzeigearier in Wehrmachtsuniform in Szene. Angeblich alles unpolitisch…

Eric Vogelgesang kann von den dreien die längste rechte Parteibiografie aufeisen. Nach Austritten aus junger Union, junger Alternative und Werteunion, flog er auch aus dem Geraer Jugendrat. Danach tauchte er am 20. April 2024 beim Leistungsmarsch der Jungen Nationalisten in Niedersachsen auf. So intonieren sie als Anführer des Jugendblocks gemeinsam xenophobe Sprechchöre auf den Montagsdemos und stimmen nach dem Absingen aller drei Strophen der Nationalhymne gerne indizierte Lieder der Band Landser an.

Die Dynamik dieser sich immer weiter radikalisierenden rechtsextremen Jugendbewegung nutzte Christian Klar, um nach dem Vorbild der Thüringer Heimatschutz Organisierung in den 90er-Jahren und der militanten nazi- Kampfsportgruppe knock-out 51 aus Eisenach, eine von ihm angeführte Bürgerwehr ins Leben zu rufen. Stolz verkündete Klar Mitte Oktober erstmals „erfolgreich“ durch die Geraer Innenstadt gelaufen zu sein. Mit Baseballschlägern bewaffnete und von Hunden begleitete Kleingruppen patroillieren durch die Straßen.

Sollten dieser Bürgerwehr Vorfälle gemeldet werden, werde sich dann ja herausstellen, ob die Cops oder die organisierten Faschos selbt schneller am Ort des Geschehens seien. Vorwände für diese Selbstermächtigung sind schnell gefunden und passen ins rechtsextreme Weltbild. Ziel der Angriffe waren zunächst von den Faschos als migrantisch gelesene Personen. Eine weitere krasse Eskalation, auf die von staatlicher Seite mal wieder keine Reaktion folgte.

Dies passt ins Kalkül der Faschos, nach dem sich im Umfeld rechter Hegemonie ein von gewaltbereiten Rechtsextremen getragenes Klima der Angst verbreiten soll, das zum Ziel hat, politischen Gegner*innen den Raum zur Selbstentfaltung und zum Leben zu nehmen.

Die Spitze des Eisbergs ist also bei Weitem noch nicht erreicht. Gerade gewaltbereite Jungfaschos wie die Gersche Jugend werden sich in den nächsten Jahren ohne antifaschistische Intervention noch weiter radikalisieren.

Nachdem Christian Klar durch eine Aktion von Antifaschist*innen am 21.10.24 zur ordnungsgemäßen Anmeldung seiner Fascho-Demo gezwungen wurde, schirmen die Cops seine Route wieder fein ordentlich ab und belagern natürlich auch Antifaschist*innen. Die erfolgreiche Intervention gelang durch eine angemeldete Antifa Kundgebung auf der nichtangemeldeten Faschoroute. Damals gab es seit langem mal wieder massive Bullenpräsenz. Christian Klar
konnte nicht wie zum 3.10. das Ganze überrennen und musste einen Umweg nehmen. Darüber stinksauer tönte er, zukünftig wieder eine Daueranmeldung zu machen.

Und was tun die Behörden? Sie beauflagen die Faschodemo seit Ewigkeiten mal und verwundert möchte mensch sich die Augen reiben. Sie setzen ihre eigenen Auflagen tatsächlich auch durch und nehmen die nervigen Fascho-Trommler in Gewahrsam. Wütend möchten wir fragen: Warum zur hölle passiert die Beauflagung und deren Umsetzung erst jetzt? Auf den Fascho-Demos gibt es ständige Verstöße gegen das Versammlungsrecht. Allein das mehrere Wochen nicht angemeldet wird. Immer wieder gibt es verfassungsfeindliche Symbolik und strafbare Inhalte von Reden und in den seltensten Fällen wird dies geahndet. Stattdessen erleben wir leider die Kriminalisierung von antifaschistischen jungen Menschen aufgrund fadenscheiniger Vorwürfe wie Vermummung.

Das ist einer der Gründe warum wir heute hier stehen. In einer Zeit in der Faschos immer mehr Aufmerksamkeit und ihr Gedankengut Mainstream wird. Wir stehen hier und sagen: Kein Fußbreit den Faschisten – Antifas in die Offensive!

Christian Klar ist ein schon seit Jahrzehnten umtriebiger Rechtsextremist mit kameradschaftlichen Verbindungen im gesamten Bundesgebiet, der nicht erst seit er in den letzten Jahren als Anmelder der Geraer Montagsdemos in Erscheinung tritt negativ auffiel.

Schon in den 90-er Jahren radikalisierte sich Klar im Umfeld des sog. „Thüringer Heimatschutz“, der rechtsextremen Vereinigung, aus welcher das NSU-Kerntrio hervorging. Auch zu weiteren NSU-Unterstützern knüpfte Klar schon damals Kontakte, beispielsweise Marcel Degner hatte sich auch Klars
Telefonnummer notiert. Gleichzeitig stellte Christian Klar selbst in diesem Zeitraum mehrfach seine Gefährlichkeit unter Beweis, was u.a. durch strafrechtliche Verurteilungen für Körperverletzung und Volksverhetzung belegt ist.

Der zutiefst rassistischen und antisemitschen Ideologie des „Thüringer Heimatschutz“ fühlt sich Klar auch heute noch verbunden, auch wenn er es mittlerweile besser schafft, diese ggf. zu verschleiern, sollte dies für die Erreichung seiner Ziele erfolgsversprechender sein.

Während staatliche (Repressions) Behörden beim NSU bekanntlich fundamental versagten, geriet Klar zumindest für einen Bruchteil seiner Aktivitäten in den 00er Jahren mit dem Rechtsstaat in Konflikt, was in mehreren Knastaufenthalten endete.

Sein Comeback feierte er dann während der Corona-Pandemie, die er wie so viele Faschos dazu nutzte, um breitere Bevölkerungsschichten für den Rechtsextremismus zu begeistern. Verbindendes Element waren hier einmal mehr antisemitische Verschwörungserzählungen, sehr schnell setzte sich aber auch öffentlich ein flächendeckend menschenfeindliches Weltbild durch, in dem Rassismus und Queerfeindlichkeit besonders „beliebt“ zu sein scheinen.

Über das Scharnier „Miteinanderstadt Gera“ mischte sich Klar in der Folge zunehmend auch in Lokal- und Parteipolitik ein. Seine Mitgliedschaft in der AfD/ AfD-Karriere war jedoch nur von kurzer Dauer und endete nach den Veröffentlichungen einer Antifa-Recherche über Klars Werdegang. (Ob die heutige Bundes-AfD ein Problem mit Klars Vita hätte ist mehr als fraglich.)
Parteipolitisch ist Klar mittlerweile wieder für „die Heimat“/ NPD tätig, seit einem knappen Monat sitzt er auch (erneut) in deren Bundesvorstand.

Gute Kontakte pflegt Klar auch zu dem Faschisten Björn Höcke, den er im vergangenen Januar in Gera hofierte. Auch andere bekannte Persönlichkeiten tauchen auf Klars Einladung hier vor Ort auf, beispielsweise Martin Sellner und weitere Führungspersonen aus dem Umfeld der Identitären Bewegung sowie u.a Jürgen Elsässer und Paul Klemm, als Gera Ort einer Ersatzveranstaltung des „Compact-Sommerfests“ war, das andernorts verboten worden war. Freunschaftlich verbunden war Klar auch der notorischen Holocaust-Leugnerin Haverbeck-Wetzel und schrieb in Konsequenz so auch nach ihrem Tod vor wenigen Wochen „Liebe Ursula, wir sehen und in Wallhalla wieder und solang wirst du unvergessen bleiben!“

Seit dem 28.10.24 wurde die Situation in Gera sehr speziell, als ein Ex-SPDler und ehemaliger Anmelder des Montagsprotestes vom Aktionsbündnisses Gera gegen Rechts begann, sich mit Christian Klar zu treffen. Unter Einfluss von Alkohol und seiner eigenen Geltungssucht (da passen die beiden gut zusammen), kumpelten sie im laufenden YT-Stream rum und sprachen sich für mehr „Miteinander“ in Gera aus.

Intern rechtfertigt Christian Peter Urban seinen Verrat mit allerlei Absurditäten wie „die Sicherheit von Demoteilnehmer[*innen]“. Mit dabei in der Gerschen Querfrontposse: Ex-Linken-Genosse Christian Rudolph, der Christian Klar allen
Ernstes im Youtube Fascho-Livestream als „Antifaschist“ betitelt.

Christian Klars Querfront Phantasien erreichten am 30.11.2024 vorerst ihren „Höhepunkt“. An diesem Tag versammelte er angeblich von links bis rechts ausgewählte Diskutanten, um „gemeinsam“ nach Lösungen zu suchen. Schon die Teilnehmenden zeigten in welche Richtung der Zug fahren sollte. Neben Klar selbst saßen vor allem Vertreter der selbsternannten alternativen Medien, rechte Youtube Streamer, ein Vertreter der „Gerschen Jugend“ die sich selbst als „nationalsozialistisch“ bezeichnen und der Bundesvorsitzende der EX-NPD auf dem Podium. Daneben zwei Feigenblättchen die ihre antifaschistischen Grundwerte – insofern sie die je besaßen – über Bord geworfen haben.

Damit war eigentlich von vornherein klar, unter welchem Ziel diese Veranstaltung stand. Den Diskurs weiter nach rechts verschieben und die gemeinsame Basis festigen, in dem man sich an als „Kampfbegriffen“ aufgefassten naheliegenden Bezeichungen abarbeitete. Nein sie sind absolut keine Nazis, das ist eine bösartige Unterstellung – wenn ein paar Sätze später Etienne Klupp als Vertreter der freien Jugend von der Reinheit des Volkes spricht und die antisemitische Verschwörungsetheorie des „Bevölkerungsaustauschs“ reproduziert, wird klar, wie ideologisch biegsam das Ganze geworden ist. Immerhin waren nun zur Legitimation des ganzen Alibi-Linke dabei.

Nicht müde wurde man auch, vermeintlich gemeinsame Positionen zu suchen. Einigen konnte man sich, wen wunderts, auf das Thema Frieden und so soll nun eine große gemeinsame Friedensdemo organisiert werden. Das trifft sich gut mit den montäglichen Huldigungen an einen völkerrechtswidrigen Agressor. Da wird einem gleich klar welcher Frieden im Geostrategischen Rahmen gemeint ist. Aber auch zur lokalen Befriedung hier in Gera sollte die Veranstaltung ja taugen. Vor allem schien das ja das Anliegens des Verräters Christian Peter Urban zu sein. Dass auf diesenVeranstaltungen kein wirkliches Interesse an Lösungen zu finden ist, war jedem aufmerksamen Beobachter schon vorher klar. Nur anscheinend Christian Peter Urban nicht, aber wir sind uns sicher, ihm ist nicht entgangen, wie Christian Klar das Publikum nutzte, um gegen lokale Antifas in gewohnt gossenhafter Manier zu hetzen.

Kein Frieden mit Nazis wie Christian Klar!

Danke das ihr hier seid und mit uns kämpft!

Redebeitrag: Say their Names – Gedenken an Oleg Valger 2025

Heute trauern wir um Oleg Valger, der am 21. Januar 2004 von den 4 Rechtsextremisten Christopher Haugk, Enrico Willim, Danny Borowsky und Martin Fischer brutal getötet wurde. Das ist jetzt 21 Jahre her und bis heute ist Oleg nicht als Opfer eines rechtsextremen Mordes anerkannt…

Vor 20 Jahren organisierte das antifaschistische Bündnis „break the silence“ erstmals diese Gedenkveranstaltung, um auf das Verdrängen des rassistischen Mords an Oleg und den grassierenden Rechtsextremismus in Gera und Umgebung aufmerksam zu machen. Die Initiator*innen von damals schreiben in ihrem Aufruf für die Gedenkveranstaltung am ersten Jahrestag des Mordes: „Ein Jahr danach hat sich an den katastrophalen Zuständen nichts geändert.
Nach wie vor wird die Hegemonie rechter Alltagskultur nicht wahrgenommen, geschweige denn als Problem in Frage gestellt.“

Ein Großteil der Geraer Stadtgesellschaft zeigte keinerlei Interesse an dem rassistischen Mord an Oleg. Im Gegenteil vielmehr wurden diejenigen diskretitiert und alleine gelassen, die den allzu deutlichen Rassismus und Rechtsextremismus anprangerten. Dies wurde bereits bei der ersten
Gedenkkundgebung vor 20 Jahren allzu deutlich.

Denn die Geraer Polizei schottete die Veranstaltung mit einer Vielzahl an Beamten und sieben Einsatzfahrzeugen ab. Die Teilnehmer*innen der Mahnwache mussten sich kontrollieren und filmen lassen; OB und Polizeidirektor hatten zuvor gefordert der Gedenkkundgebung fernzubleiben.
Nur wenige Tage später wurde die Gedenkkundgebung zum 60. Jahrestag der Auschwitzbefreiung von Faschos mit Eiern beworfen, was die Cops aber wenig interessierte.

Nach einer Gedenkdemonstration am 29. Januar 2005 sprach der damalige Oberbürgermeister Ralf Rauch davon, dass der Tod Olegs „politisch missbraucht“ werde und bedankte sich für den „besonnenen Einsatz“ der Polizei.

Diese krassen Falschbehauptungen fielen bereits Monate nach Ende des Gerichtsprozesses, bei dem die Täter nach Jugendstrafrecht zu für Mord geringe Haftstrafen von 3,5 bis 10 Jahren verurteilt worden waren. Dabei war auch festgestellt worden, dass die „fremdenfeindliche Gesinnung der Täter für die Tat prägend“ gewesen sei.

Doch auch die OTZ bemühte sich darum, dies zu übergehen und machte sich im Vorfeld der bereits erwähnten Gedenkkundgebung über diese lustig, indem der Mord verharmlost und stattdessen von einem Zechgelage gesprochen wurde; die Teilnehmer*innen der Gedenkkundgebung würden an den Oleg erinnern, „der in der Mordnacht mit seinen späteren Mördern bis zur Drei-Promille-Grenze gezecht hatte.“

Der Mord an Oleg war jedoch eine von den Jungfaschos bereits im Vorfeld geplante und brutal durchgeführte Tat.

Vor Gericht gaben die Täter zu, bei vollem Bewusstsein gehandelt zu haben. Die Nazis hatten das Haus, in dem Enrico Willim, einer der Täter, und auch Oleg wohnten spät in der Nacht verlassen, um ihr Opfer daraufhin in dieses Wäldchen, an dem wir heute stehen, zu locken. Dort wurde Oleg mit Fußtritten und diversen Waffen regelrecht hingerichtet.

Der Haupttäter Christopher Haugk schlug mit einer Bierflasche solange auf den Kopf von Oleg ein, bis die Flasche zerbrach. Die drei weiteren Angeklagten traten dann in Bauch und Kopfgegend des Opfers. Nachdem sich Oleg nicht mehr rührte, gingen die vier zurück in die Wohnung von Willim. Dort angekommen wurde dann beschlossen, Oleg endgültig zu ermorden.

Die Nazis nahmen daraufhin eine Stabantenne, ein Nunchaku, ein Butterfly-Messer und einen Hammer mit zum Tatort. Insgesamt liefen die Täter dreimal hin- und her, jedes Mal erneut mit dem Vorhaben, ihre tödlichen Gewaltphantasien in die Tat umzusetzen. Die OTZ veröffentlichte wenige Tage danach mehrere Berichte der Polizei, laut denen ein politisches Motiv ausgeschlossen werden könne.

„Wenigstens eine Russensau weniger“ meinte der Jungfascho Danny Borowsky in der Mordnacht zu den anderen Tätern.
Vor Gericht zelebrierte der Haupttäter Haugk regelrecht den Moment von Olegs Tod, indem er vorgab sich nicht genau erinnern zu können, ob er sein Butterfly-Messer in Hals oder Kopf des Opfers gerammt hatte und die Tat daraufhin sehr ausführlich schilderte. Mit dem Hammer schlugen die Jungfaschos auf den Kopf ihres Opfers ein, mit Nunchaku und Stabantenne auf den wehrlosen Körper, mit dem Messer stachen sie über 30 Mal zu. Olegs Gesicht wurde von seinen Mördern bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt und sein restlicher Körper mit 7 Schnitt- und 28 Stichverletzungen übersäht. Die Angeklagten geben offen zu, ihr Opfer so lange mit Waffen gefoltert zu haben, bis auch Olegs letztes Röcheln nachließ.

„Die unbewiesenen Behauptungen der linksautonomen Gruppen sind in hohem Maße geeignet, unserer Region den Stempel politischer Gewalttätigkeit aufzudrücken und werden in keinster Weise der Realität gerecht“, behauptete der damalige Polizeipräsident Lothar Kissel noch Monate nach Prozessende.

Die 4 Mörder Olegs kehrten nach ihrer grausamen Tat in die Wohnung Willims zurück und begannen bei lauter Musik und laufendem Fernseher mit 3 weiteren Nazifreunden zu feiern. Selbst als die Mutter von Oleg um 3.30 Uhr nichtsahnend bei den Mördern ihres Sohnes klingelte, gaben sich diese unwissend und grölten in der Folge einfach weiter. Entschuldigungen oder Gesten der Anteilnahme gegenüber der Familie Olegs blieben selbstverständlich auch später aus.

Der Gerichtsprozess ein halbes Jahr später wurde von grinsenden Nazis im Zuschauerraum begleitet. Diese machten mit „Thor-Steinar“ und „Landser“ Klamotten keinen Hehl aus ihrer Gesinnung und waren offensichtlich Bekannte der Angeklagten. Das Bündnis gegen Rechts Gera schrieb dazu in einer Stellungnahme nach dem ersten Verhandlungstag: „Die Anwesenheit einiger bekannter Personen der rechten Szene aus Gera während des Prozessauftakts, lässt erneut Rückschlüsse auf das Umfeld der Täter zu“.

Auch die Antifaschistische Aktion Gera schloss sich dieser Einschätzung an:„Dass es sich um einen politischen Prozess handelt, ist nicht mehr abzustreiten. Dafür sprechen nicht nur die Anzahl grinsender Nazis im Prozess oder die unverhohlene Freude über den Mord an einem Spätaussiedler. Noch entscheidender dürften die völlig emotionslose Hin- und Zurichtung eines Menschen und das Ausbleiben jeglicher Reue sein. Der derart bestialisch entladene Hass gegenüber dem Opfer kann nur mit einem hinreichenden Mordmotiv erklärt werden. Nur mit dem Hintergrund, dass die Täter völlige Verachtung gegenüber ihrem Opfer empfinden mussten – ein Zeichen für die tiefe Verankerung menschenverachtender Ideologie in deren Köpfen – lässt sich dieser Mord annähernd nachvollziehen.“

Der Chefredakteur der Ostthüringer Zeitung, Uwe Müller, äußerte daraufhin in einem Interview mit Polizeidirektor Lothar Kissel die Befürchtung, dass die Antifaschistische Aktion Gera (AAG) dem Mord einen „politischen Stempel aufdrücken“ würde.

Die Geraer Antifaschist*innen schreiben vor 20 Jahren außerdem: „Dass der Prozess auf nur vier Verhandlungstage angesetzt wurde, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass dieser unangenehme Vorfall schnellstmöglich über die Bühne gebracht werden soll. In Gera gibt es keine Öffentlichkeit, die sich an dem rassistischen Diskurs stört und den politischen Skandal thematisiert. So ist es auch zu erklären, dass sich keinerlei Widerstand vonseiten der Stadt regt,
wenn die NPD wie zuletzt am 10. Juli ein Nazikonzert in der Innenstadt veranstaltet und 150 zumeist gewaltbereiten Jugendlichen den Soundtrack zu Mord und Totschlag liefert.“

Auch im Jahr 2025 ist die Geraer Innenstadt Schauplatz rassistischer Musik und Parolen, beispielsweise wenn die sog. Gersche Jugend mit Bluetooth-Box durch die Straßen zieht oder montags „Remigrations“-Sprechchöre initiiert.

Rechtsextreme Kontinuiatät in den letzten mehr als 21 Jahren verkörpert gleichzeitig Christian Klar. In den 90-er Jahren im Umfeld des NSU-Kerntrios großgeworden, bemüht er sich mittlerweile um ein anschlussfähigeres, „friedliches“ Bild nach Außen; gleichzeitig grölten erst letzten Montag 300
„Spaziergänger*innen“ auf sein Kommando Abschiebeparolen, vergangenes Wochenende war er Redner auf einer Demo der „Freien Sachsen“ in Chemnitz. Dort rief er zum Sturz der Bundesregierung auf und verglich „seine“ GJ mit der Dresdner „Elblandrevolte“, die in den vergangenen Monaten mehrmals politische Gegner*innen angriff und (schwer) verletzte.

Bald findet in Gera auch die zweite Instanz im Prozess gegen die Eisenacher Nazi-Vereinigung Knockout51 statt, die sicher auch der GJ als Vorbild dient. Hier wird es, ähnlich wie vor 20 Jahren, aufschlussreich sein, welche Faschos sich dann im Gerichtssaal mit ihren Kameraden solidarisch zeigen werden.

Vor 20 Jahren schrieben wie anfangs erwähnt die Initiator*innen der ersten Gedenkveranstaltung für Oleg: „Ein Jahr danach hat sich an den katastrophalen Zuständen nichts geändert. Nach wie vor wird die Hegemonie rechter Alltagskultur nicht wahrgenommen, geschweige denn als Problem in Frage gestellt.“

Auch heute müssen wir feststellen, dass rechte Gewalt nachwievor verharmlost oder gar totgeschwiegen wird.

Stadt und Polizei sehen entweder den immer noch weiter salonfähiger werdenden Rechtsextremismus nicht, oder wollen diese Tatsache und die mit diesem Eingeständnis notwendigwerdenden Maßnahmen nicht anerkennen.

Als sich OB Dannenberg im vergangenen Oktober erstmals verhalten kritisch zu den wöchentlichen, rassistischen Montagsspaziergängen äußerte, sprach er von einem Imageschaden für die Stadt Gera; „Die Heimat von knapp 100.000 Menschen“ werde „als Lebens- und Wirtschaftsstandort nachhaltig geschwächt.“

Auf die tatsächliche und täglich für viele Menschen reelle Gefahr von Rechtsextremismus und rechtsextremer Gewalt, besonders für von Faschos als Feinde markierte Menschen, wie migrantisch gelesene, queere und FLINTA Personen, ging der Bürgermeister nicht ein.

Heute sind wir in Trauer um Oleg Valger vereint. An ihn und all die anderen Opfer von rassistischer, rechtsextremer Gewalt zu gedenken heißt auch sich gegen Nazis zu engagieren und alles in unserer Kraft stehende zu tun, um weitere Morde und Gewaltaten von Rechtsextremisten, auch hier in Gera,
zu verhindern.

Enden möchte ich wie die schon mehrfach zitierten Antifaschist*innen vor 20 Jahren:

„Kein Vergeben – Kein Vergessen!
Wandelt Wut und Trauer in Widerstand!”