Stellungnahme zu den Vorfällen im Umfeld der Demo „Mach frei am 1. Mai“ in Gera

Am 01. Mai 2025 fand in Gera die antifaschistische Demonstration „Mach frei am 1. Mai“ statt, die mit bis zu 1000 Antifaschist*innen ein deutliches Zeichen gegen den parallel stattfindenden Nazi-Aufmarsch setzte. 

Wieviel Gewaltpotenzial für die rechte Versammlung zu erwarten war, wurde bereits im Vorfeld deutlich: der Anmelder Christian Klar forderte dazu auf, Springerstiefel und Quarzhandschuhe zu Hause zu lassen. Sein Versuch der Selbstverharmlosung ging zumindest bei Versammlungsbehörde und Polizei auf.

Über den Tag kam es zu mehreren bedrohlichen Situationen durch organisierte Neonazis, aber auch AfD-Anhänger. Anreisende Antifaschist*innen wurden bereits (bei der Anreise) auf den Bahnhöfen von pöbelnden Nazis erwartet; die Polizei fokussierte sich auf selektive Vorkontrollen der Antifaschist*innen. 

Aus dem rechten Aufmarsch lösten sich immer wieder Gruppen von bis zu 30 gewaltbereiten Neonazis; teils patrouillierten sie unbegleitet durch die Stadt, teils versuchten sie in kleineren Gruppen auf die antifaschistische Demonstration und Kundgebung zu gelangen. Dabei kam es mehrfach zu Bedrohungen und Beleidigungen von Antifaschist*innen sowie Passant*innen.
Den Nazi-Aufmarsch dokumentierende Journalist*innen berichteten von antisemitischen Beleidigungen, körperlichen Bedrohungen einschließlich Morddrohungen gegen sie auf der von Christian Klar angemeldeten rechten Versammlung. 

Von der Bühne konnte ungestört rassistische Hetze verbreitet werden; ein antisemitisches Transparent hing die gesamte rechte Versammlung über davor. Die Faschos trugen ihre nationalsozialistische Ideologie aber auch offen in Form von bekannten Codes und Symbolen zur Schau.  

Auch bei der Abreise der Antifaschist*innen warteten an Geras Bahnhöfen bzw. in den bereitstehenden Zügen bereits Faschisten. In mehreren Zügen kam es folglich zu äußerst bedrohlichen Situationen gegenüber rückreisenden Antifaschist*innen, aber auch anderen Passagieren – darunter Familien mit Kindern und Senior*innen. So kam es unter anderem zu „Sieg Heil“-Rufen und Hitlergrüßen durch militante Neonazis. Ebenfalls gibt es mehrere von rechter Gewalt betroffene Antifaschist*innen, die medizinisch versorgt werden mussten.  

Aufgrund der Erfahrungen mit der Thüringer Polizei, insbesondere durch den stundenlangen Kessel und die massive Repression im Nachgang des 1. Mai 2023 in Gera gibt es von den durch rechte Gewalt betroffenen Personen bisher weder Interesse, noch Bereitschaft oder gar Vertrauen, Anzeige zu erstatten.  

Dass die zuständige Landespolizeiinspektion Gera die Nazi-Versammlung als „sehr friedlich“ bewertet (vgl. Taz: Weniger extrem Rechte in Gera) verstärkt diese Erfahrung und ist aus antifaschistischer Perspektive nur als bewusste Verharmlosung rechter Gewalt erklärbar – oder als Ausdruck eines strukturellen Versagens im Umgang mit militanten Neonazis.

Während Antifaschist*innen kontrolliert, eingeschüchtert oder kriminalisiert werden, dürfen organisierte Rechte unbehelligt von der Polizei marschieren, bedrohen, hetzen und verletzen. 

Wer eine solche Versammlung als „sehr friedlich“ bezeichnet, ignoriert nicht nur die realen Gefahren für Betroffene rechter Gewalt, sondern trägt aktiv zur Normalisierung faschistischer Raumnahme bei. Diese systematische Verharmlosung ist uns u.a. bereits aus dem NSU-Komplex bekannt.

Wir wissen jedoch, wozu Nazis bereit sind und dass solche rechten Events einerseits der Vernetzung militanter Neonazis, andererseits aber auch der Finanzierung der rechten Szene sowie deren rechtsterroristischen Strukturen dienen – und welche Gefahr davon ausgeht.

Dies alles macht uns extrem wütend, bestätigt letztlich aber nur erneut, dass mensch sich beim Kampf gegen Nazis auf den Staat nicht verlassen kann.

Wir sind solidarisch mit den Betroffenen rechter Gewalt und danken allen Antifaschist*innen, die am 01. Mai in Gera, Suhl oder auch in anderen Städten auf den Straßen unterwegs waren. 


Her zu uns – den antifaschistischen Selbstschutz organisieren!

Stellungnahme zum 01. Mai 2023 in Gera

Für den gestrigen 01.05. hatten wir eine Demonstration unter dem Motto Kämpfe verbinden – Kapitalismus überwinden angemeldet. Die Anmeldung ging rechtzeitig raus, die Absprachen mit der Versammlungsbehörde waren klar getroffen worden. Was letztlich gestern dann passierte, war eine Machtdemonstration mit zahlreichen Repressionen der Behörden die der Kriminalisierung des Antifaschismus und dem Verstärken des Narrativs der gewaltbereiten Antifa dient.

Wir durften unter der fadenscheinigen Begründung eines drohenden Zusammenstoßes mit den Rechtsextremen nicht loslaufen. Dies war vermutlich das Feigenblatt für
die bereits vorab getroffene Entscheidung uns in jedem Falle
zu kesseln. Der erste Versuch uns in den Tunnel, in dem wir bereits am 3.10. festgesetzt wurden, zu locken scheiterte. In diesem warteten zu dem Zeitpunkt schon ca. 75 behelmte Cops und einige Wannen. Letztlich gab es eine Einigung zu einer viel kürzeren Alternativroute, die leider nur dazu führte, dass wir in der Bachgasse mit all unseren wunderbaren und stabilen Antifaschist*innen über sechs Stunden gekesselt wurden. Schon bei der Ankunft in der Bachgasse wurde uns der Zugang zu einer angemeldeten Kundgebung verwehrt mit dem Argument, dass wir mehr Teilnehmer*innen wären als angemeldet. Und dass obwohl jeder Mensch das Recht hat, auf eine angemeldete Versammlung zu gehen. Die Behörden verhöhnten jeden Versuch unserer jederzeit vermittlungsbereiten Anmelder*innen eine Lösung zu finden mit plötzlicher Umkehr der vorher getroffenen Absprachen.

Einem Versuch die Demonstration fortzusetzen, folgten Gewalt durch die Cops mit Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray, was zu mehreren Verletzten führte. Es kam
zu einer Kopfverletzung, gereizten Tränen- und Atemwegen, Prellungen von Extremitäten und akuten Belastungsreaktionen mit teils erheblichen Panikattacken und dissoziativen Zuständen. Das begleitete Verlassen der Demo zu einem
sicheren Ort für die Verletzten wurde lange nicht ermöglicht. Zuvor wurden sie von Demo-Sanis versorgt. Die Cops stellten wiederholt deren Echtheit infrage.
Die Cops teilten anschließend die Demo nach deren Ermessen mit Ausübung von Gewalt in zwei Teile auf. Alle im vorderen Teil befindlichen Teilnehmer*innen wurden auch hier teils unter massiver Gewalt, physisch als auch psychischer Natur, ID behandelt. Es drohen nach Aussagen der Cops Anzeigen wegen Landfriedensbruch. Menschen wurden verhöhnt und durften über Stunden nicht zur Toilette. Eine durch Banner geschaffene Notlösung wurde durch die Polizei zerstört.

Seid ihr auf der Demo von Polizeigewalt betroffen gewesen oder erfahrt ihr später im Nachgang Repression von staatlichen Verfolgungsbehörden wendet euch an die Rote Hilfe in eurer Nähe! Wenn ihr verletzt wurdet, meldet euch bitte bei uns unter folgender email Adresse: repression_g0105@riseup.net. Auch psychische Folgeerscheinungen sowohl unmittelbar als auch später folgende wie Panikattacken, Dissoziationen, Nachhallerinnerungen und Alpträume sind Verletzungen! Achtet dabei auf Anonymisierung Ihr könnt uns auch gern eure Gedächtnisprotokolle schicken. . Einen PGP Schlüssel schicken wir euch auf Anfrage. Wir verwahren alles was ihr uns schickt sicher digital verschlüsselt auf. Solidarisch wollen wir die Betroffenen von Repression und Gewalt der Bullen damit unterstützen, mit Anwält*innen helfen und juristische Aufarbeitung der Geschehnisse in Gera zum 01.05.2023 ermöglichen.

Wir sind stolz auf jeden einzelnen Menschen vor Ort, ihr wart kraftvoll und solidarisch und habt bewiesen, wie Zusammenhalt geht. Die Spontandemo zurück zum
Bahnhof, um die angereisten Antifaschist*innen zu begleiten war kraftvoll und geprägt von unserer verbindenden Haltung.

Fakt ist, Gera scheint den Rechtsextremen den roten Teppich auf den Strassen der Stadt auszurollen. Sie dürfen unwidersprochen ihr von Hass und Hetze geprägtes Gedankengut verbreiten, rechte Streamer werden in unseren Versammlungsbereich gelassen, die Cops zucken mit den Schultern und berufen sich auf Recht und Gesetz, welches wohl nur für Menschen mit nationalistischer Gesinnung zu gelten scheint.

Wir bedanken uns bei allen anwesenden Antifaschist*innen, bei den Parlamentarier*innen, allen voran Katharina König Preuss und Madeleine Henfling, bei den begleitenden Demosanis, Awarenessmenschen, Menschen die Essen und einen Schutzraum boten und beim Lautiteam der JG – ihr habt die Stimmung stabil gehalten.

Unser Kampf geht weiter – Gründe sind mehr als je zuvor gegeben!
Keins bleibt alleine! Solidarität ist unsere Waffe!

Antifaschismus ist das Gebot der Stunde!

Die Antifaschistische Aktion Gera